Wenn sich Ehegatten durch ein gemeinsames Ehegattentestament gegenseitig als Erben und die gemeinsamen Kinder als Erben nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten einsetzen, wird oft von einem Berliner Testament gesprochen.
Vorteile einer derartigen Konstruktion, welche es in vielen Varianten gibt, sind meist, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten über das eheliche Vermögen verfügen kann. Immobilien, Konten, Depots, Forderungen, Fahrzeuge und sonstige bewegliche Gegenstände sind damit in der Verfügungsgewalt des überlebenden Ehegatten, so dass dessen Auskommen bis zu dessen Tod meist gesichert ist. Freiheit und Unabhängigkeit für den überlebenden Ehegatten sind oft das Ziel.
Falls die Formulierungen dabei jedoch ungünstig gewählt werden, führt diese Konstruktion zu einer Vor- und Nacherbschaft und damit nicht unbedingt zu Freiheit und Unabhängigkeit des überlebenden Ehegatten, sondern zu erheblichen Bindungen. Ein Verkauf von Immobilien durch den überlebenden Ehegatten ist zum Teil nicht mehr möglich.
Nachteilig an einem Berliner Testament ist oft auch die damit einhergehende Anhäufung des Vermögens beim überlebenden Ehegatten, was zu einer erhöhten Erbschaftsteuer für die Nachkommen führen kann, wenn dann der zweite Ehegatte stirbt. Auf diese Weise werden dann oft Steuern ausgelöst, welche nicht oder nicht in der Höhe angefallen wären, hätte der erstversterbende Ehegatte auch oder nur die Kinder bedacht.
Auch können Kinder bei einem Berliner Testament nach dem Tod des Erstversterbenden aufgrund ihrer damit einhergehenden, zumindest vorläufigen, formalen Enterbung den Pflichtteil fordern, was zu Unfrieden und zu finanziellen Belastungen bis zur Veräußerung einer Immobilie führen kann.
Ein Berliner Testament kann also in einem Fall die optimale Lösung und in einem anderen Fall die schlechteste Variante sein. Dies hängt maßgeblich davon ab, wie das Vermögen zu Lebzeiten beider Ehegatten zwischen denselben verteilt ist und wer von den Eheleuten zuerst stirbt.
Ist das Vermögen zwischen den Ehegatten annähernd gleich verteilt, kann es Sinn machen, statt eines Berliner Testaments sofort die Kinder einzusetzen und dem überlebenden Ehegatten lediglich ein Nießbrauchrecht an Immobilien einzuräumen und ihm Geld, Bankguthaben, Depots, Forderungen, Fahrzeuge und sonstige bewegliche Gegenstände als Vermächtnis zuzuwenden.
Ist lediglich ein Ehegatte vermögend, kann für die Familie die gesetzliche Erbfolge günstiger sein als ein Berliner Testament, wobei dann meist eine Erbengemeinschaft mit anderen Problematiken entsteht.
Die individuellen Vermögensverhältnisse der Ehegatten erfordern eine individuelle erbrechtliche Lösung durch einzelne Testamente oder ein gemeinsames Testament, welches aber kein Berliner Testament sein muss, um eine ideale Lösung herbeizuführen. Die Beratung durch einen Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht kann zu einer, gegenüber einem Berliner Testament oder der gesetzlichen Erbfolge, günstigeren Lösung führen.