Egal ob handgeschriebenes Testament, Ehegattentestament, öffentliches Testament oder Erbvertrag: Verfügungen von Todes wegen sind stets auszulegen, das heißt der wahre Wille des Erblassers ist zu erforschen und zu erfüllen, welchen dieser mit der Verfügung von Todes wegen zum Ausdruck bringen wollte.
Hat der Erblasser beispielsweise für mehrere Personen ein Vermächtnis verfügt, kann dennoch nur eine Person Alleinerbe werden, wenn diese zum Beispiel den Hauptvermögensgegenstand erhalten soll. Die anderen Hinterbliebenen wären dann nur Vermächtnisnehmer und müssten binnen drei Jahren nach dem Todesjahr des Erblassers ihr Vermächtnis vom Erben fordern und durchsetzen, um Verjährung zu vermeiden.
Hat der Erblasser beispielsweise sein „Bargeld“ einer Person als Vermächtnis zugewandt, erhält diese möglicherweise nur das Geld in der Geldbörse. Das Guthaben auf der Bank könnte eine andere Person, nämlich der Erbe, erhalten. Die Auslegung ist entscheidend.
Sogar wenn Fachbegriffe verwendet werden, kann durch Auslegung ein anderes Ergebnis vom Gericht angenommen werden, wenn Umstände erwiesen sind, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Schluss zulassen, der Testierende habe dem Begriff eine andere Bedeutung zugemessen.
Ein Testament sollte daher stets durch einen Fachanwalt für Erbrecht entworfen oder zumindest überprüft und besprochen werden, um spätere Überraschungen bezüglich der Auslegung der anderen Beteiligten oder des Gerichts zu vermeiden.
Klaus Jakob Schmid